Höhenrettung und Absturzsicherung in der Feuerwehr Ingelheim am Rhein

Rettungs- und Hilfeleistungseinsätze in Höhen und Tiefen gehören seit Jahren zum Aufgabenbereich der Feuerwehren.

In den Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetzen der Länder sind die Aufgabenbereiche der Feuerwehren eindeutig festgeschrieben. Für die Feuerwehren besteht hiermit gesetzlicher Handlungsauftrag. Es ergibt sich die Frage, wie und mit welchen Mitteln effektiv und sicher geholfen werden kann.

Die herkömmlichen Geräte und Ausrüstungen der Feuerwehren für Einsätze in absturzgefährdeten Bereichen sind für die Durchführung solcher speziellen Einsätze nur bedingt geeignet.

Die Antwort der Frage nach dem „Wie“ ist die Entwicklung im Bereich der Höhenrettung. Basierend auf den Methoden der Bergrettung und des Höhenrettungsdienstes der ehemaligen DDR wurden spezielle Verfahren und Techniken für die spezifischen Einsatzbedingungen der Feuerwehren entwickelt. Diese Verfahren der „Speziellen Rettung aus Höhen und Tiefen (SRHT)“ ermöglichen mit verhältnismäßig geringem Aufwand ein sehr effektives und vor allem sicheres Arbeiten in Höhen und Tiefen.

Durch die Flexibilität der Verfahren wird die Voraussetzung zur Schaffung von vertikalen, horizontalen und diagonalen Rettungs- bzw. Arbeitswegen ermöglicht. Dabei wird die Sicherheit durch Redundanz (mehrfache Sicherheit durch zwei oder mehr unabhängige Systeme) im Interesse der Eigensicherheit gewährleistet. Unfälle werden so auf ein Minimum reduziert.

Die Erfahrungen, die in den zurückliegenden Jahren im Bereich der Höhenrettung gesammelt werden konnten verdeutlichen, dass Ab- und Aufseilverfahren keine Modeerscheinungen sind, sondern eine Bereicherung und Notwendigkeit auf dem Gebiet der technischen Hilfeleistungen darstellen.

Spezielle Einheit zur Rettung aus Höhen und Tiefen bei der Feuerwehr Ingelheim

Das Spektrum der Feuerwehreinsätze war in den letzen Jahren starken Veränderungen unterworfen.

Die Einsatzkräfte der Feuerwehren müssen sich auf neue Entwicklungen einstellen, um mit den aktuellen Erfordernissen Schritt zu halten.

Um den hohen Anforderungen gerecht zu werden müssen neue Standards erarbeitet und taktische Konzepte dem Stand der Technik angepasst werden. Daraus resultiert die Notwendigkeit, dass die Feuerwehren ihr umfangreiches Leistungsspektrum auch im Bereich der Absturzsicherung an die veränderten Anforderungen anpassen müssen.

Mit Einführung der Feuerwehrdienstvorschrift 1/2 im Jahre 1998 wurden die neuen Sicherungsmethoden im Bereich der Absturzsicherung erstmals verbindlich vorgeschrieben.

Während der Vorbereitungen zur Ausbildung „Absturzsicherung“ erkannte man schnell, dass es ohne Spezialwissen unmöglich ist, eine sichere Ausbildung durchzuführen. Nur durch eine fundierte Ausbildung der Ausbilder selbst, kann sichergestellt werden, dass das Basiswissen erhalten bleibt und die neuen Techniken sicher angewendet werden können.

So empfiehlt auch die Fachgruppe der Länder, dass Ausbilder in diesem Bereich über einen „großen Erfahrungsschatz“ verfügen sollen. Man entschloss sich daher 1999 auch in Ingelheim, die Ausbilder „Absturzsicherung“ zum „Speziellen Retter aus Höhen und Tiefen“ zu qualifizieren. Dadurch war es auch möglich, einen Überblick über den riesigen Markt der verschiedenen Ausrüstungshersteller zu bekommen. So konnte sichergestellt werden, dass die Ausbildung und das Material den neusten Richtlinien und Unfallverhütungsvorschriften entsprechen.

Nach erfolgter zweiwöchiger Ausbildung an der Brand- und Katastrophenschutzschule des Landes Sachsen-Anhalt in Heyrothsberge wurden schnell die ernormen Vorteile und Einsatzmöglichkeiten einer Höhenrettungseinheit erkannt.

In den Jahren 1999 und 2000 wurden weitere vier FM SB zu diesem Lehrgang entsandt und die zwei erstausgebildeten wurden auf weiterführenden Lehrgängen zum Ausbilder für diesen Bereich qualifiziert.

Zusammenarbeit der Feuerwehren Ingelheim und Wiesbaden

Schon im Jahre 2002 fanden erste gemeinsame Fortbildungen der „Ausbilder Absturzsicherung“ der Feuerwehren Ingelheim, Wiesbaden und Mainz statt. Im Rahmen eines Informations-Gesprächs wurde eine Zusammenarbeit auch im Bereich der „Höhenrettung“ diskutiert. Zunächst wurde ein Konzept erarbeitet, welches den beteiligten Feuerwehren zur Entscheidung vorgelegt wurde.

In einem Städtevertrag wurde daraufhin die Zusammenarbeit der Feuerwehren aus Ingelheim und Wiesbaden im Bereich der Höhenrettung vereinbart.

Seit dem 01.01.2004 ist die Teileinheit der Feuerwehr Ingelheim offizielle Landeseinheit „Höhenrettung“ des Landes Rheinland-Pfalz. Gemeinsam mit vier weiteren Landeseinheiten „Höhenrettung“ kommen die Einheiten auch überregional zum Einsatz.

Durch die gemeinsamen Übungen der „Ausbilder Absturzsicherung“ wurde eine Einheit speziell ausgebildeter Einsatzkräfte geschaffen, welche in der Lage sind, Einsätze gemeinsam durchzuführen. Die länderübergreifende Zusammenarbeit, kann als hervorragend und vorbildlich angesehen werden, mit Modellcharakter für andere Wehren. Innerhalb der Einheiten wurden die Ausbildung, die Ausrüstung und die persönlichen Anforderungen vereinheitlicht und festgeschrieben. Damit ist gewährleistet, dass sowohl das Material, wie auch das Personal „kompatibel“ sind. Darüber hinaus wurde ein gemeinsamer Übungsplan erstellt und die Alarmierungswege geprüft. Alarmierungsstichworte wurden erstellt.

Einsatzmöglichkeiten

Das Ab- und Aufseilverfahren kommt vorwiegend dort zur Anwendung, wo andere Möglichkeiten (Drehleiter, Sprungpolster o.ä.) aufgrund ihrer technischen Abhängigkeit versagen.

Alle Einsätze, bei welchen ein freies Hängen der Einsatzkräfte im Seil erforderlich ist, bezeichnet man als Höhenrettungseinsätze. Speziell ausgebildete Einsatzkräfte sind mit speziellen Rettungsgeräten in der Lage:

  • sich gegen Absturz zu sichern
  • lebensrettende Sofortmaßnahmen einzuleiten
  • technischen Rettungsmaßnahmen (Höhenrettung) zur Befreiung von Personen aus lebensbedrohlichen Zwangslagen durchzuführen
  • freies Hängen und Arbeiten im Seil (erfolgt nur im redundanten System) durchzuführen

Einsatzschwerpunkte/ Einsatzmöglichkeiten im Einzelnen:

  • Einsätze auf Dächern, Mauerkanten, Brücken
  • Einsätze auf Kränen, Masten, Schornsteinen
  • Einsätze auf Windkraftanlagen/ Mobilfunkmasten
  • Silounfälle/ Silobrände
  • Tief- und Hochbauunfälle
  • Einsätze in Schächten und Baugruben
  • Einsätze in Fels und in steilem Gelände
  • Einsätze in Industrieanlagen und großen Hallen
  • Menschenrettung aus exponierten Lagen
  • Brandbekämpfung in exponierten Lagen auch unter Atemschutz
  • Einsätze außerhalb der Erreichbarkeit von Drehleitern
  • Einsätze mit suizidgefährdeten Personen
  • Rettung von Personen im Hängesitz
  • Rettung von Personen mit der Korbtrage am Vertikal- oder Schrägseil
  • Rettung von Personen am Horizontalseil
  • Rettung von Personen durch Aufseiltechnik
  • Sicherung von Einsatzkräften in absturzgefährdeten Bereichen oder bei Einsturzgefahr
  • Technische Hilfeleistung in Höhen und Tiefen zur Gefahrenabwehr oder zur Feststellung eines vorhandenen Gefährdungsgrades

Die herkömmlichen Einsatzmittel und Methoden der Feuerwehren stellen bei Einsätzen in absturzgefährdeten Bereichen für die Einsatzkräfte eine große Gefahr dar. Der Einsatz einer fach- und sachkundigen Höhenrettungseinheit ist für die Feuerwehr die geeignete und sichere Alternative beim Arbeiten in Höhen und Tiefen, wenn andere technische Mittel versagen.

« Zurück